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"Retro-Teddybär-Feeling und moosgrüne Wolken"
Auf der Weltleitmesse für Wohndesign, der Salone del Mobile in Mailand wurden gerade die Trends für 2023 präsentiert. Wir haben mit Bettina Herman, der Produkt- und Designdirektorin von Rolf Benz über Must-haves und No-goes gesprochen und warum alle Angst haben, wenn sie mit einer neuen Handtasche ins Büro kommt.
“Innovation und Emotion ohne Zurückhaltung”
Wie war der Salone del Mobile 2023 für Sie? Wie immer eine Reise wert?
Definitiv, ja. Endlich war wieder die ganze Welt zu Gast in Mailand – so wie früher. Es war eine dermaßen hohe Frequenz und positive Stimmung spürbar, trotz der vielleicht aktuell nicht berauschenden Marktlage nach Corona. Aber es waren einfach wieder alle da. Die Übersee-Kunden, die asiatischen Aussteller und Gäste und die Stadt war einfach knallvoll. Allein deswegen schon die Reise absolut wert.
Auch aus Produkt- und Designsicht war es natürlich wieder eine super Gelegenheit um neu aufzuladen und zu sehen, was die anderen machen. Da muss ich sagen, es gab heuer wirklich keine Zurückhaltung. Innovationen und Emotionen überall, das habe ich schon sehr genossen.
Auch aus Produkt- und Designsicht war es natürlich wieder eine super Gelegenheit um neu aufzuladen und zu sehen, was die anderen machen. Da muss ich sagen, es gab heuer wirklich keine Zurückhaltung. Innovationen und Emotionen überall, das habe ich schon sehr genossen.
“Retrofarben ja, aber nicht so laut wie in den 70ern.”
Im Trend liegen heuer neben hellen und warmen Naturfarben auch Kombinationen mit satten, kräftigen Farben. Kommen die 70er und 90er Jahre wieder?
Der Trend ist eher mit den 60er und 70er Jahren vergleichbar. Ich habe unglaublich viele Retro-Inspirierte Möbel gesehen. Mit ganz viel Volumen und Radien. Farblich lag der Schwerpunkt sehr auf Naturtönen, kalkig Weiß und auch Creme. Besonders hervorzuheben als Trend ist jedoch die Farbe Grün. Aber anders als in den 70ern, kein kühles Flaschengrün sondern Moosgrün, wie man es mit Natürlichkeit in Verbindung bringt. Ganz stark auch das Thema Terra – Ton als Material aber auch als Farbe. Und genauso erdig und tonig, wie man sich Tonerde vorstellt – sehr natürlich und wunderbar kombinierbar mit Moosgrün.
Aber alles nicht so laut wie in den 70ern. Maisgelb statt Orange beispielsweise. Also auch Farben für Möbel, die länger bleiben sollen. Wir haben deutlich gesehen, dass die Farben des letzten Jahrzehnts, also Silbergrau – Anthrazit abgelöst werden von Schokobraun, Umbra und anderen warmen Farben. Also auch etwas von den 60er und 70er Jahren inspiriert.
“Es sind manchmal schon fast Teppiche, unglaublich voluminöse Velours mit Teddybärfeeling, aufgeplustert und massiv.”
Sind schon besonders relevante Trends erkennbar? Materialien und Designs, die in den kommenden Jahren dominieren könnten?
Die Farben des Salone werden uns ganz bestimmt noch einige Zeit begleiten. Auch bei den Materialtrends bleibt Ton als ganz großes Thema bestehen. Außerdem Echtheit, also Naturstein, Terrazzo und auch Glas. Farbige Glastische, waren letztes Jahr schon leicht im Kommen und sind heuer voll da. Möbelbezüge sind so dreidimensional verarbeitet, wie es nur geht. Es sind manchmal schon fast Teppiche, unglaublich voluminöse Veloure mit Teddybärfeeling, aufgeplustert und massiv.
Auch bei den Designtrends sehe ich einen starken Retrotrend! Alles ist sehr Radien betont, die Möbel wirken wie aufgeblasene, runde Formen, sehr voluminös und absolut passend zu den Farben und Materialien. Weiche Linienführungen, die uns einfach momentan wieder mehr erfüllen als rechtwinklige, scharfe Ecken. Bei Rolf Benz haben wir im letzten Jahr ja mit Kumo auch eine „weiche Wolke“ präsentiert.
“Chrom hat sich gottseidank erledigt.”
Und umgekehrt: welches Must-Have der letzten Jahre geht heuer so gar nicht mehr?
Wir suchen wieder mehr Möbel für unsere ganz persönlichen Bedürfnisse und weniger als Statussymbol. Sofas als große Insel im Raum. Übertief und "laungy", einfach zum Lümmeln und nicht so sehr zum korrekten Sitzen. Auch Chrom hat sich gottseidank erledigt. Alles Harte ist wirklich total vorbei. Auch im Business und Hotelbereich punkten Designs aus dem Wohnen immer mehr. Wir wollen uns einfach überall wohlfühlen, "homey" sein. Kein Abschirmen mehr, sondern Gemeinsamkeit, Lebendigkeit und Atmosphäre.
“Man achtet wieder mehr auf Qualität und was ist nachhaltiger, als wenn mich ein Möbelstück 10 Jahre und mehr begleitet.”
Welche Rolle spielten Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit bei der Messe und generell bei der Gestaltung von Möbeln im Jahr 2023?
Das Thema wurde sehr viel kommuniziert vor allem in den Bezugswelten passiert hier viel. Neue Gerbverfahren, Recycling-Garne und vieles mehr zeigen, dass das Thema sehr präsent ist. Ein Beispiel dafür ist die Demontierbarkeit einzelner Komponenten, wenn das Möbel erneuert wird. Rolf Benz ist schon seit Jahren darauf bedacht, dass die Möbel nach ihrem Leben auch ordentlich zerlegt, getrennt und recycelt werden können. Viele Themen werden in den nächsten Jahren gesetzmäßig verankert und für die Hersteller verpflichtend werden. Das wird mitunter das wichtigste Thema für alle Hersteller sein. Wenn es derzeit noch ein bisschen eine Frage der preislichen Positionierung ist, wird es aber immer mehr zum Muss für Alle. Das Kaufverhalten passt sich auch diesbezüglich an. Man achtet wieder mehr auf Qualität und auch das ist ja wiederum nachhaltig, wenn mich ein Möbelstück 10 Jahre und mehr begleitet.
“Komfort draußen ist für uns genauso essenziell wie drinnen”
In den letzten Jahren haben vor allem Gartenmöbel einen starken Wandel vollzogen. Wollen wir weiterhin raus in die Natur?
Der Trend ist ungebrochen. Outdoor ist in den letzten zehn Jahren enorm gewachsen und mittlerweile sind alle Hersteller draußen angekommen. Man verbindet einfach so viele positiven Gefühle mit dem Draußen sein. Die Vielfalt ist mittlerweile immens. Im Sofabereich erkennt man oft gar nicht mehr, dass es ein Outdoormöbel ist.
Für Rolf Benz ist auch Funktionalität im Outdoorbereich sehr wichtig. Wir finden, dass der Komfort draußen genauso essenziell ist, wie drinnen. Das sieht man jetzt auch bei vielen anderen. Inspiriert durch Hotels und Wellness-Erlebnisse, welche man sich auch ins eigene Zuhause holen will. Und es ist auch Farbe in den Außenbereich gekommen. Kurz gesagt: die Sehnsucht nach draußen ist immer noch voll da.
“Meine Kollegen in der Entwicklung haben ja immer Angst, wenn ich mit einer neuen Handtasche komme.”
Welches Möbelstück macht Sie bei Rolf Benz derzeit besonders stolz?
Das Herz hängt immer an den letzten Entwicklungen. Der Jack Outdoorsessel als moderne Hängematte bedeutet mir zum Beispiel sehr viel. Wir haben es geschafft unser Wohlfühlprinzip von Indoor nach Outdoor zu übertragen. Wir lernen ja immer dazu und wollen stets besser werden. Auch die Naht in unseren neuen Polstermöbeln macht mich stolz. Meine Kollegen in der Entwicklung haben ja immer Angst, wenn ich mit einer neuen Handtasche komme, weil ich mir die oft einfach wegen der tollen Nahtdetails kaufe.
Aber das inspiriert uns dann natürlich designtechnisch und handwerklich. Wenn wir sowas dann hinbekommen dann macht mich das immer sehr stolz. Serienreif und umsetzbar, zu sehen bei unserem Modell Moyo.
Mehr von Rolf Benz auf dem Salone del Mobile 2023 →
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